Ein interessanter Rechtsstreit

Ein interessanter Rechtsstreit

von Heribert Hillenkamp

Kaspar von Fürstenberg, Droste der Ämter Bilstein und Waldenburg im kurkölnischen Herzogtum Westfalen, geboren 11. November 1545 auf dem Stammgute der Familie, der Waterlappe, welche am südlichen Abhange der Haar gelegen ist, heiratete, nachdem seine erste Frau, Elisabeth Spiegel von Peckelsheim, am 1. Juni 1587 verstorben war – ihren Tod führte man auf die Machenschaften einer Hexe zurück – in zweiter Ehe – 1590 – Anna Busse aus Medebach. Ihn bewogen, wie aus seinem Tagebuch zu ersehen ist, verschiedene Gründe zu dieser morganatischen Ehe, deren Hauptgrund darin zu suchen ist, dass er die Besitzungen und das Vermögen nicht unter weiteren gleichberechtigten Kindern teilen und somit verzetteln wollte, denn aus seiner ersten Ehe waren bereits 8 Kinder hervorgegangen.

(Kaspar von Fürstenberg starb am 5. März 1612. Näheres über ihn findet sich in dem Buche von Prof. Franz Ignaz Pieler, Arnsberg: „Leben und Wirken Kaspar’s von Fürstenberg. Nach dessen Tagebüchern. Verlag Fred. Schöningh, Paderborn, 1873)

Zu den 8 Kindern erster Ehe schenkte ihm seine bürgerliche Frau noch weitere 9 Kinder hinzu.


Eine Tochter aus zweiter Ehe, Margaretha, geboren 12. Februar 1596, in erster Ehe verheiratet am 2.September 1613 mit dem Richter Hunold von Loen zu Rüthen, heiratete in zweiter Ehe Melchior Hassenel aus Rüthen, wodurch sich über Stumelius und Saalmann die Blutsverwandtschaft mit Kaspar von Fürstenberg für die Nachkommen von Christoph Hillenkamp, Gutsbesitzer und Bürgermeister zu Geseke i/W., getauft 30.10.1736, gestorben 25.6.1813, herleitet.

Eine weitere Tochter aus zweiter Ehe, die am 1.2.1605 geborene Hadwiga, stiftete (siehe Sauerländisches Familien-Archiv von Franz Honselmann, Paderborn, Spalte 153) durch die von dem Generalvikar Joh. Gelenius aufgenommene Urkunde d.d. Köln 14.September 1626 das Beneficium s. Francisci et s. Clarae an der Pfarrkirche zu Attendorn und berief zu Patronen die Nachkommen ihrer Geschwister. (Als Patron dieses Beneficiums wird im Schematismus der Diözese Paderborn die Familie Höynck genannt)

Zu Ende des 18. Jahrhunderts sind Angehörige der Familien Stumelius und Saalmann Nutznießer des Beneficiums gewesen. In der späteren Zeit, zu Anfang des 19. Jahrhunderts, ist Dr. med. Wilhelm Ferdinand Hillenkamp, Geseke i/W., geboren 12.9.1766, gestorben 17.12.1845, ein Sohn Christoph’s, Patron.


Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts wird dem Dr. Ferdinand Hillenkamp, Geseke, in einem ihm aufgezwungenen Prozesse das Patronat streitig gemacht von dem Justizamtmann Friedrich Höynck zu Arnsberg.

Um seine Abstammung mit Kaspar von Fürstenberg zu beweisen, stellte Dr. Ferdinand Hillenkamp folgende Verwandtschaftstafel auf:

Stammtafel Hillenkamp

Kaspar von Fürstenberg zur Waterlappe; dessen Tochter

  1. Margaretha von Fürstenberg zu Waterlappe
    • in I. Ehe verheiratet mit Hunold von Loen,
    • in II. Ehe verheiratet mit Melchior Hassenel;
      des letzteren Tochter:
  2. Dorothea Elisabeth Hassenel     oo       Andreas Stumelius,
  3. Johann Meinolf Stumelius          oo       Maria Elisabeth Höne,
  4. Maria Anna Stumelius               oo       Johann Raban Saalmann, med. Dr.,
  5. Maria Elisabeth Saalmann         oo       Franz Christoph Hillenkamp, Geseke
  6. Wilhelm Ferdinand Hillenkamp, Senior masculus Familiae et modernus Patronas Vicariae ad S. Franciscanum et ad S. Claram in Attendorn.

Dr. Ferdinand Hillenkamp ließ diese Stammtafel beglaubigen am 12. Dezember 1806, von Pastor Schulte in Rüthen und am 13. Dezember 1806 von Pfarrer Richartz in Geseke i/W.

Außer einem Sterbedatum (1804) enthält die Stammtafel bei dem 3. Kind von No. 4 nur den Vermerk bei No. 6, dass er am 3.1.1782 als Patron des Beneficiums in Attendorn präsentiert sei.


Der Amtmann Friedrich Höynck in Arnsberg legte dem Hofgerichte in Arnsberg eine Verwandtschaftstafel vor, die etwa folgendermaßen aussah:

Stammtafel Höynck

  1. Jodocus Höynck, curf. Richter in Schliprüthen, verheiratet 1673 in Attendorn mit Elisabeth von Fürstenberg, Tochter von Caspar von Fürstenberg aus dessen II. Ehe,
  2. Ferdinand Everhard Höynck           oo       Maria Ursula Reutz
  3. Johann Friedrich Christof Höynck   oo       Anna Rosina von Loen
  4. Franz Friedrich Bernhard Höynck, Justizamtmann in Arnsberg.

Diese Stammtafel ließ er von dem Notar Herold in Rüthen bescheinigen und suchte zu beweisen, dass seine Urgrossmutter eine Tochter Caspar’s von Fürstenberg sei.
Außer dem Trauungsjahr -1673- ist in der Stammtafel keine einzige Zahl genannt.


Das Hofgericht zu Arnsberg sprach durch Urteil vom 27. Juni 1810 das Patronat dem Justizamtmann Höynck zu, weil er im 4. Grade mit der Stifterin verwandt sei, während dies bei Dr. Ferdinand Hillenkamp erst im 6. Grade der Fall wäre.


Der bekannte Familienforscher Franz Honseimann in Paderborn hat in seinem sauerländischen Familien-Archiv rund 100 Jahre nach diesem Urteilspruch die Chronik der Familie Höynck veröffentlicht. Auf Grund des S.F.A. ist es heute leicht, nunmehr die Stammtafel des Amtmanns Höynck zu überprüfen und mit wichtigen Daten zu versehen.

Ebenso war es möglich, einzelne Daten zu der Stammtafel des Dr. Ferdinand Hillenkamp durch Auszüge aus dem Kirchenregister der St. Nicolaus Pfarre zu Rüthen zu ergänzen. Die Stammtafeln geben, nunmehr mit Daten versehen, ein anderes Bild:

Stammtafel Höynck

1)Jodocus Höynck, Richter in Schliprüthen, geboren 8.6.1646 gestorben 24.4.1715 geheiratet 22.5.1673Maria Elisabeth von Fürstenberg, geboren ?, gestorben 14.8.1723
7 Kinder geboren von 13.2.1674 bis 7.5.1686: Johann Adolf, Odilia Margaretha, Ursula Helena, Maria Magdalena, Maria Ida, Ferdinand Everhard, Friedrich Bernard;
eins davon:
2)Ferdinandus Everhardus Höynck, Richter in Schliprüthen, geboren 2.9.1683, gestorben 1.7.1747, geheiratet 8.2.1729Maria, Ursula, Theres. Albert. Valentina Reutz (oder Reitz) geboren 2.9.1683 gestorben 1.6.1747 geboren 1.3.1712, gestorben 6.1.1750
3)Joannes Friedericus Christ. Höynck, Richter zu Schliprüthen, geboren 23.3.1731, gestorben 25.12.1799, geheiratet 31.8.1762Anna Rosina von Loen, Erbherrin zu Linschede, geboren 1724 gestorben 30.1.1784
4)Franciscus Friedericus Höynck, Justizamtmann, geboren 7.9.1764 gestorben 8.6.1845, geheiratet 21.4.1798Luise von Schelver Bernardus, geboren 19.6.1773, gestorben 9.10.1837

Stammtafel Hillenkamp

1)Margaretha von Fürstenberg, Tochter Kaspar’s von Fürstenberg zu Waterlappe aus seiner II. Ehe, geboren 12.2.1596I Ehe 2.9.1613 mit Hunold von Loen, Richter zu Rüthen,
II Ehe mit Melchior Hassenel (Hasinelle) gestorben 18.4.1675 in Rüthen
2)Dorothea Elisabeth Hassenel, geboren um 1631, gestorben 3.11.1711Andreas Stumelius (Stümel), gestorben 20.7.1679 in Rüthen
3)Johann Meinolf Stumelius,
gestorben 1.8.1709 in Rüthen
Maria Elisabeth Höne
getauft 17.7.1669 in Rüthen
gestorben 10.3.1737 in Rüthen
4)Maria Anna Elisabeth Stumelius, getauft 24.6.1704 in Rüthen, geheiratet 11.6.1723Johann Raban Saalmann, Dr. med., gestorben 14.1.1760 in Rüthen
5)Maria Carola Elisabeth Saalmann, geboren 5.4.1743 in Rüthen, getauft 7.4.1743 in Rüthen, gestorben 1807 in GesekeJohann Franz Christoph Hillenkamp, Bürgermeister in Geseke, getauft 30.10.1736, gestorben 25.6.1813 in Geseke
6)Wilhelm Ferdinand Hillenkamp, Dr. med. Geseke
geboren 12.9.1766, gestorben 17.12.1845, geheiratet 15.1.1793
Josepha Suren aus Salzkotten (siehe Anmerkung)

Die Stiferin Hadwiga hat eine Schwester Elisabeth gehabt. Doch da sie am 18. April 1599 geboren ist, Jodocus Höynck, Richter in Schliprüthen, sich 1673 mit Maria Elisabeth von Fürstenberg vermählte, so kann letztere nicht die Schwester der Stifterin sein, denn sie wäre zum Zeitpunkt der Verheiratung annährend 74 Jahre alt gewesen. Weil aber ursprünglich zur Begutachtung des Rechtsfalles (siehe erstere Stammtafeln) außer dem Trauungsjahr -1673- keine einzige Zahl genannt war, blieb den Richtern der wahre Sachverhalt verborgen, dass also Frau Höynck, geborene von Fürstenberg, viel später – etwa 1650 – geboren sein musste, denn sie schenkte ihrem Gatten (siehe 2. Stammtafel) 7 Kinder, von denen das letzte 1686 geboren wurde. So kam es zu einem Fehlurteil, wonach Höynck im 4. Grade mit der Stifterin verwandt sein sollte, während Ferdinand Hillenkamp in Wirklichkeit im 6. Grade mit ihr verwandt war.

Anmerkung:

Die Verwandtschalt der Josepha Suren, Salzkotten, muss noch geklärt werden. S.F.A. Spalte 312. Ist sie die Tochter von Friedrich Anton Suren, Consul et Salinator in Salzkotten?

Maria Elisabeth von Fürstenberg, welche in der Kapelle des Schlosses Schnellenberg bei Attendorn, dem Ruhesitz Kaspar’s von Fürstenberg, am 22.Mai 1673 mit Jodocus Höynck getraut wurde, (S.F.A. Spalte 67) steht sicherlich in Blutsverwandtschaft mit Kaspar, in welcher Weise ist allerdings nicht festgestellt. Sie ist mehrfach als Patin erwähnt und im SFA Spalte 106 heißt es: In den bisher veröffentlichten Stammtafeln derer von Fürstenberg ist Maria Elisabeth von Fürstenberg nicht zu finden.- Im Fürstenberg’schen Archiv zu Herdingen sind noch Quittungen des Richters Jodocus Höynck zu Schliprüthen aus den Jahren 1674 und 1675 vorhanden, worin dieser den Empfang der Abfindung seiner Ehefrau Maria Elisabeth von Fürstenberg bestätigt.

Quellen: Franz Honseimann, Familienforscher, Paderborn, dessen Werk: Saarländisches Familien-Archiv, Prof. Pielers Buch: Kaspar’s v. Fürstenberg Leben und Wirken, Orth ab Hagensche-Stammtafel und Familien Chronik Hillenkamp, Kirchenregister der Pfarren zu Geseke und Rüthen.

Verfasst von Heribert Hillenkamp 1933