Briefe aus Amerika

Briefe aus Amerika

von Franz Hillenkamp 1843-1847

Rudolf Hillenkamp, Arnsberg

Arnsberg, den 29.11.1988

Liebe Verwandte!

Durch einen Familienforscher aus Marburg habe ich neulich beigefügte Briefe und einen Staatsangehörigkeitsnachweis erhalten. Diese Dokumente sind so interessant, dass ich sie allen Familienmitgliedern zur Kenntnis gebe.
Mit vielen guten Wünschen für die Advents- und Weihnachtszeit und für das Jahr 1989 verbleibe ich

Euer Rudolf und Familie


St. Charles May 4 t 1843

Mein lieber Freund Schulte,

Sie haben wahrscheinlich schon auf meine Antwort auf Ihre beiden lieben Briefe verzichtet und werden sich wahrscheinlich nicht wenig wundern, daß erst nach Jahren Ihnen einige Zeilen von mir zu Gesichte kommen. Da ich aber jetzt gute Gelegenheit nach Deutschland habe, leider selbe aber zu spät erfuhr um Ihnen einen recht langen Brief schreiben zu können, so muss ich die wenigen Augenblicke so gut benutzen wie möglich. Ihre und meines Vaters Briefe, welche Sie den Leuten mitgegeben haben, empfing ich aus den Südlichen Staaten per Post, die Burschen selbst habe ich bis dato nicht gesehen. Aus Ihrem lieben Schreiben ersehe ich zu meiner Freude viel Erfreuliches, aber auch leider viel nicht Erfreuliches, besonders daß der Todesengel manchen guten lieben Bekannten aus Eurer Mitte genommen hat. Jedoch es tat die Hand der Vorsehung, der wir selbst früh oder später anheim fallen.

Auch ist es mir besonders lieb aus Ihrem Schreiben zu erfahren, daß es im Schulten Hause gut geht.. Gern möchte ich meine gute alte Tante wohl sehen und sprechen, ich könnte Ihr manches Stückchen aus dem hiesigen Leben erzählen, aber wie auf so manches, so muß ich auch hierauf verzichten. Daß mein gutes Drütchen eine so vernünftige Wahl getroffen hat, ist mir lieb und bin erfreut zu hören, daß es ihr gut geht.

Jetzt muss ich Ihnen wohl ein wenig von mir erzählen, damit Sie doch hören, daß ich es noch nie bereut habe hier zu sein wie Sie irrig berichtet sind. Dieser Gedanke ist mir noch nie im Schlaf vorgekommen, viel weniger daß ich wachend daran dächte. Was habe ich denn eigentlich durch die Auswanderung verloren und was habe ich hier gewonnen? Hierüber ließe sich fraglich viel für und gegen sagen. Ihnen sei es genug, daß ich Ihnen versichern kann, daß ich zufrieden bin. Ich habe ein gutes Grundeigentum ohne Schulden, ein tüchtiges Weib, vier blühende Kinder, Vieh von jeder Art reichlich, Lebensmittel in Fülle, dabei ein freier unabhängiger Mann, der niemand als Gott und dem Gesetze untertan ist. Fraglich muß ich auch tüchtig arbeiten um meine Sachen in Stand zu bekommen und zu erhalten, aber dieses macht mir Vergnügen. Die hiesigen und dortigen Wirtschaften sind zu verschieden als daß Sie sich einen richtigen Begriff davon machen könnten. Leute hier zu halten, geht für den Anfänger nicht gut, diese verlangen einen zu hohen Lohn, 8-10 Dollar pro Monat. Freilich ist es jetzt etwas anders, dagegen sind aber auch die Zeiten für den Bauer schlechter, ich habe die Zeit ,die ich hier bin, fleißig und tüchtig gearbeitet, ein großes Stück Wald von circa 20 Morgen mit Hilfe meiner Frau in Ackerland verwandelt und mit schweren Riegelhölzern umzäunt. Ich kann Sie dreist versichern, daß ich in den neun Jahren mehr Holz niedergehauen habe, wie einer eurer besten Köhler. Jedoch das schadet nichts, es stärkt die Glieder und würzt das Mahl. Eigene Arbeit, die unter meinen Augen so sichtlich heran wächst und gedeiht, macht mir viel Vergnügen. So pflanzte ich vor 7 Jahren einen Apfel- und Pfirsichgarten, die mir jetzt schon mehrere Fuder schönes Obst bringen, so daß ich schon nach St. Louis zum Markt bringen kann. Hierzu nehme ich einige hundert Duzend Eier – 8 bis 10 Duzend pro Tag – und kaufe mir dann dafür die nötigen Haushaltsachen. Große Einnahmen haben wir nicht, aber auch keine großen Ausgaben.

Leider kommen hier viele Leute, die sich in ihren Hoffnungen bitter getäuscht finden, gewöhnlich sind es aber keine vom Lande, sondern aus den Städten, die glauben die Landwirtschaft ginge ohne Arbeit und das ist fehl geschlossen. Wir haben nicht die viele und beschwerliche Arbeit wie bei euch, aber mit nichts thun, gehts auch hier nicht. Ich bin, wie Ihnen bekannt, kein Arbeiter von Haus aus und doch gehe ich hier in meinem Settelment für einer der besten Bauern. Oft habe ich an Casper Carwald gedacht, hätte derselbe zu meiner Zeit können mitgehen, er würde hier gut sitzen und seinen Kindern eine gute Zukunft bereitet haben. Solche junge rüstige, an Arbeit gewöhnte Leute, gehören in den Westen von Amerika. Die Natur hat hier vieles niedergelegt, wenn es nur richtig gehandhabt wird. Dazu ist die Regierung den Bauern äußerst günstig, dagegen ist es nun wieder an machen Stellen für einige Leute fatal in Hinsicht der Religion. So würden sich gewiß die alten Frauen in Velmede bekreuzigen und segnen, wenn sie hörten, daß ich nie zur Kirche ginge, in der Fastenzeit 3 mal des Tages Fleisch esse, meine Kinder noch nicht einmal getauft sind usw. und doch am Ende in denselben Himmel zu kommen gedenke, wie alle, die diesem Pfaffenmachwerk pünktlich nachkommen. Ich für meinen Teil lebe in dieser Art wie die alten Erzväter und bete in dem großen Buche der Natur, lebe wie immer brav und rechtschaffen und kehre mich wenig um das Märchen von der Erbsünde. Doch genug hiervon, ich bin in einem freien und Sie mein Freund in einem unfreien Lande, hier darf man seine Meinungen frei und offen sagen, Sie müssen aber schweigen, sonst könnten Sie Gefahr laufen wie Tausende unschuldiger Menschen vor unserer Zeit gerichtet und verbrannt zu werden. Nun ist es wohl Zeit Ihnen von der Hauptsache, der Jagd etwas zu sagen. Zu jagen gibt es hier immer noch genug, wenn man nur jagen wollte, nicht etwa Hasen und Feldhühner, nein, der Hase ist nicht hier, und Feldhühner braucht man nicht zu schießen, sondern man fängt sie duzendweise in Fallen. Ich jage und schieße nur Hirsche, aber nicht den deutschen Hirsch, sondern eine einzige Art, ungefähr wie der Damhirsch. Das Reh ist nicht hier, ich würde weit mehr jagen und mit weit mehr Vergnügen, wenn ich Sie, alter Freund, hier hätte, aber allein will es mir nicht recht behagen. Meine deutschen Landsleute sind keine Jäger und wer in Deutschland kein Jäger war, wird hier nie einer. Ich jage mit Bracken, englischer Abstammung, schöne Hunde, diese sind gewöhnlich meine einzigen und unzertrennlichen Gefährten auf der Hirschjagd, in den großen Wäldern und wilden Wiesen. Jagdgrenzen kennen wir nicht, die Freiheit in dieser Art ist uneingeschränkt. Ich führe eine Büchsflinte und habe mehrere Male 2 Thiere hinter einander geschossen. Ich schieße gewöhnlich die Jagdzeit über 12 bis 15 Stück, so daß ich immer Fleisch habe. Wie gesagt, wäret Ihr meine alten Kameraden hier, wir würden manches Vergnügen haben, aber was hilfts wünschen, Sie kommen doch nicht und ich muß vor wie nach, allein jagen. Der Büffel und der Elk sind nicht mehr hier, sondern haben sich über 1000 Englische Meilen zurückgezogen, dort wo es noch nicht angesiedelt ist und bloß Indianer wohnen. Dort hat es auf den wilden Wiesen Tausende. Laufkötter aus Wunnenberg war dort und hat mir erzählt, daß er dort die Büffel zu Hunderten beisammen gesehen hat. Der Elk ist eine große Hirschart, stärker wie die deutschen. Ich habe mehrere Geweihe gesehen von ungeheurer Größe.

Nun mein lieber Freund verzeihen Sie mein schlechtes und undeutliches Schreiben .Ich verspreche Ihnen, daß es nächtens besser sein soll. Der Mann hat Eile und ich benutze die Nacht, sollten Sie Gelegenheit nach Warstein haben, so grüßen Sie die Angehörigen meiner Frau, und sagen Ihnen, daß wir gesund und wohl wären und sie uns bald mit einigen Zeilen erfreuen sollten. Ebenso bitte ich Schulten Franz Josef sämtlich zu Halberswig., H. Nausester, Ihre liebe Frau und Kinder und überhaupt alle, die sich meiner liebend erinnern. Alle, alle bitte ich herzlich zu grüßen, bis wir zusammen in Abrahams Schoß uns wieder sehen.

Leben Sie wohl und halten im Andenken Ihren
aufrichtigen Freund
Franz Hillenkamp

Addr.:
F. C. Hillenkamp
St. Charles
State Missouri
Nord America

Bald Antwort


St. Charles County Post Office Cottleville Jan/ 1846

Mein lieber Freund Schulte.

Ihren mir so werthen Brief überbrachte mir gerade ein Nachbar, als ich eben von der Hirschjagd nach Hause kam und mein altes Jagdpferd mit einem fetten alten Thier bepackt hatte. Gestern schoß einer meiner Nachbarn einen jungen Bock. Sie werden denken, der liegt ja alle Tage auf der Jagd, dem ist aber nicht so. Seit 6 Wochen gerade in der besten Jagdzeit war ich nicht aus, indem ich nicht recht wohl war, da, wie Sie wissen, zu Jungwild Jagd gute Kräfte gehören. Leider muß ich fast immer allein gehen, meine braunen Hunde sind meine einzigen Gefährten. Die Amerikaner geben es fast auf und unter meinen deutschen Nachbarn ist auch nicht ein Jäger, und hier auf der Hirschjagd bekommt auch keiner Liebhaberey dazu. Wenn dann an einem schönen Sonntag meine Hunde ein Rudel Hirsche so lustig um mich herum jagen, denke ich öfters, wäre doch dein alter Freund Schulte hier, so würde es bald knallen; ja der ist aber in der alten Scheune und muß den Banausen, wie der Rabiner in Geseke, alten abgedroschenen Unsinn vergleqqern und jodeln; auch sehe ich ihre Chorsänger wie sie die Mäuler aufreißen und dazwischen brüllen, daß der liebe Herrgott sich sicher die Ohren mit Baumwolle müsste zu stopfen; wahrhaftig ich beneide Sie hierin gar nicht, vielmehr bin ich herzlich froh, diesen elenden Hokus Pokus nicht mehr mitmachen zu müssen. Bei vielen meiner deutschen Landsleute gelte ich für einen Unkristen, bei meinen Amerikanern aber für den bravsten Deutschen im Settlement, und das ist mir genug. Ich gebe den Henker um alle Kopfhänger und Dummköpfe. Die Verfassung des Landes erlaubt einem Jeden zu glauben was er will, und ich glaube nun auch das Meinige. Doch nun zu unserm Bruder Anton Wiese. Von seinem harten Verluste, leider die Folgen einer Unerfahrenheit im praktischen Leben, habe ich leider schon früher gehört. Alles zu verlieren ist hart, noch härter, wenn man verheiratet ist, er mag auch jetzt mit Schiller seinen Don Carlos sagen, die schönen Tage von Aranjuez sie sind dahin. Also sein Plan ist nach America zu gehen, leicht gesagt, aber schwer es mit leeren Händen auszuführen, das ist eben das Unglück vieler Familien, die sich dies Land als ein Arcadien vorstellten, wo man Schäferstündchen feiern könnte. Ich kenne mehr als einen aus der gebildeten Klasse, die noch dazu bedeutendes Vermögen in Händen hatten und doch im Jammer und Elend vergangen sind. Die Natur spendet hier reichlich, die Regierung ist so liebevoll wie sie der Landmann nur immer wünschen kann, aber es will hier alles gut gehandhabt sein. Der gewöhnliche Bauer, Handwerker und Tagelöhner thun hier am besten gut, diese erwerben sich, wenn nicht Krankheit oder Sterbfälle in die Quere kömmt, bald eine unabhängige Existenz, und sind alsdann kreuzfiedel. Um nun Anton zu zeigen wie viel er zum nothdürftigen Anfang in Händen haben muß, wenn er nicht vorher erst einige Jahre Taglohnen will – und das kann und mag er nicht – so will ich es ihm specificiert angeben.

Für 2 Arbeitspferde 80 Dollar
vollständig Geschirr 15 Dollar
2 Kühe mit Kälber 16 Dollar
2 Sauen mit Ferkeln 10 Dollar
1 leichter u. ein schwerer Pflug 13 Dollar
1 leichten Marktwagen 60 Dollar
Kleine Ackergerätschaften, Axt, Keile etc. 10 Dollar
Haus Gerätisches, Stühle, Bettstelle etc. 20 Dollar
Sattel. Reitzaum 10 Dollar

Lebensmittel anzuschaffen, und dann noch kein Land – diesem wäre aber fürs erste durch Pachten einer kleinen Farm abzuhelfen – und dann muß er noch wie ich und mehr Leute, den Herrn und Knecht, seine Frau die Madam und Magd, wie die heilige Dreifaltigkeit in einer Person machen. Sie wissen selbst, daß ich ein schönes Sümmchen mitbrachte, dazu eine tüchtige Frau habe, die mir bei jeder Arbeit half, wenn es ihre Umstände erlaubten, und doch hatten wir unsere Last. Ich muß deshalb Anton ernstlich raten, die Sache nicht zu leicht zu nehmen, und wenn er nicht mindestens 500 Preußische Thaler nach Abzug der Reisekosten mit an Ort und Stelle bringt, lieber den Plan aufzugeben. Seine arme Frau hat dann doch wenigstens den Trost, daß sie in der Nähe der Ihrigen lebt, wenn ich ihm auch zunächst mit Rath und That helfe, so wissen Sie aus eigner Erfahrung, daß ohne Geld in dieser Welt alles Lumperey ist, Sie können sich gewiß denken, daß es mir lieb und angenehm wäre, einen so nahen Verwandten in meiner Nähe zu haben, aber unter anderen Umständen, wie die gesagten, darf ich ihm nicht zurathen, sein Mißgeschick ging auch mir zu Herzen.

Anders wäre es mit Franz Joseph, wenn der nur die Reisekosten bestreiten könnte, ungefähr 250 Thaler Preuß. kommen würde. Sein Capital hätte er in seinen rüstigen Kindern, die gewiß an Arbeit gewöhnt sind, für sein Fortkommen wollte ich Sorge tragen. Sie wollen daher die Güthe haben und teilen beiden meine Anschrift mit, und sollten sie sich zur Auswanderung entschließen, so müssen sie im März oder September über New Orleans nach St. Louis machen, dieses ist bei weitem die billigste Reise, kein unnützes Gepäck besonders keine Eisenwaren mitschleppen, etwas gute Betten, einiges Leinen, eine schwere gute Doppelflinte nicht zu vergessen. Franz Joseph sagen Sie, er möchte sich in Meschede bei seiner Schwägerin, der Mutter des hier verstorbenen Joseph Wiese erkundigen, ob sie nie desselben Nachlaß nachgefragt hätten. Ich glaube bestimmt, daß noch etwas da ist, es ist hier in Administrationshänden und wenn keine Vollmacht zur Hebung vom dortigen Gerichte von jemand eingeschickt wird, sie nie etwas bekommen werden. Mit nächstem Brief schreiben Sie mir hierüber, auch wollen Sie mich vorher benachrichtigen, wann die beiden kommen wollten. Daß Sie schon ein so starker Familienvater sind, hätte ich nicht erwartet, das ist löblich. Ich denke wer im regelrechten Wege ein kräftiges Kind macht, erfüllt den Willen des Schöpfers, besonders da wir beide gutes Vollblut sind.

Den würdigen Patriarchen von Nuttlar grüßen Sie mir und sagen Sie ihm, daß wenn er in seinen jungen Jahren nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika gegangen wäre, er gewiß als Senator im Capitol zu Washington sitzen würde, statt sich dort mit elenden Schreibern herumzuzanken. Sollten Sie bald nach Warstein kommen, so sagen Sie meinem Schwager, daß ich seinen Brief vom Juny d.J. erhalten hätte, worin er uns benachrichtigte, daß er seinen ältesten Sohn hierher schicken wollte. Seiner Angabe nach, müßte er letzten Herbst hier sein, wir haben aber bis jetzt nichts von ihm gehört, ist derselbe vielleicht nicht abgegangen, sagen Sie ihm, er wäre uns jederzeit willkommen und wenn er erst hier wäre, mochte er nur außer Sorge für ihn sein, er würde gehalten wie unser eignes Kind. Im übrigen lieber Freund bin ich noch immer der alte, ein fleißiger Bauer und rüstiger Jäger, wenn ich auch keine Reichtümer zurücklegen kann, so mangelt es mir doch an nichts, und fühle …. (hier ist der Brief zerschnitten) im Kreise meiner blühenden kräftigen Kinder recht glück …. (hier ist der Brief zerschnitten) ich rechtlang zu leben habe. Ich habe mir noch drei Mädchen und …. Buben, sehe aber diesen Frühjahr einer andern Geburt entgegen, damit ich in meinen alten Tagen Hülfe habe, ich erziehe sie nach der Lehre des großen Weisen von Nazareth zu braven rechtschaffenen Menschen, und das ist meiner Ansicht nach die beste Religion. Ich war immer gesund und wohl bis vorletztes Jahr erkrankte ich nebst meiner Frau und 2 Kinder zugleich gerade in der Erndte- und Sauezeit, da war Holland in Noth, der Spaß kostet mich circa 130 Thaler Preuß. für Doktor Rechnung, Arbeitslohn, Verlust an Obst und Erndte etc. Krankheit ist hier eine der größten Mißgeschicke, mann wird dann indirekt besteuert daß einem die Augen übergehen.

Allso viele Bekannte in Abrahams Schoß gefahren auch die gute alte Tante, bedaure nur, daß die arme Frau in ihren letzten Tagen das harte Schicksal von Anton erfahren mußte.

Zum Schluß rufe ich Sie nochmals ins Gedächtnis, daß Sie mir wenigstens einmal im Jahr schreiben müssen, und das per Post, Geld genug für Postporto, nur nehmen Sie feines Postpapier, dann ist es eine unbedeutende Ausgabe die gar nicht nennens werth ist.

Nun meine herzlichen Grüße an die lieben Ihrigen, alle meine Verwandte und Bekannte

von Ihrem aufrichtigen Freund
F. C. Hillenkamp


Mein lieber Freund Schulte!

Schon längst hätte ich Ihren lieben Brief vom 11. May 1846 beantwortet, hätten Sie mir nicht in selbem versprochen, daß ich im Laufe des Herbstes noch einen anderen von Ihnen zu erwarten hätte, der aber bis jetzt noch nicht angekommen ist. Der junge Teutenberg kam gleich nach seiner Ankunft zu mir, ganz entblößt von Geld und deshalb äußerst mißmuthig. Ich unterrichtete ihn so gut mit Rath und That wie ich konnte, worauf er wieder nach St. Louis ging und seitdem habe ich nichts wieder von ihm gehört. Zum Dank nahm er mir heimlich eine Pfeife mit, die mir, obschon nicht von Werth – doch als Andenken an H. Major von Fürstenberg theuer war! Ich habe Ihnen schon früher gesagt, welche Art Leute sich hier am besten anstellen, aber solche Menschen wie der junge Teutenberg blieben besser so sie wären, indem sie nicht arbeiten können und mögen, dann kommt gewöhnlich Heimweh, Geldmangel, Krankheit etc. und da solche Menschen überhaupt das köstliche Gut der Freiheit nicht zu würdigen wissen, so geht denn gleich das Schimpfen an, indem sie sich in ihren leichtsinnigen Erwartungen schrecklich getäuscht finden. Sie erwähnen meinen alten Freund Hancap, daß derselbe wohl Lust hätte zu mir zu kommen, sollte derselbe noch willens sein, so würde er mir sehr willkommen sein, und ich will ihm die Versicherung geben, daß er bei mir und meiner Familie die Zeit seines Lebens gut aufgehoben sein soll. Wenn ich den Burschen von Haus aus nicht genau kennte, so würde ich mich nicht gern auf so etwas einlassen, indem die Verhältnisse anderer Art wie bei ihnen sind. Sollte deshalb mein Vetter Wiese nichts gegen seine Auswanderung haben, und sich dort eine bekannte Familie finden, der er sich anvertrauen und die ihn mit nach St. Louis nehmen könnte und für ihn die Reisekosten auslegte, welche ich dann gleich den Leuten zurückerstatten wollte, so würde derselbe mir jederzeit willkommen sein. Vorläufig will ich auch an meinen Bruder schreiben, worum ich Sie ebenfalls ersuche, vielleicht hätte derselbe die Güte, legte die Reisekosten aus, die sich ungefähr auf 65 Thaler Preußisch belaufen würden. Jedenfalls müßten die Leute auf New Orleans kommen, da dieses die billigste und bequemste Reise ist, von St. Louis kämen sie dann nach St. Charles, wo sie sich nach mir erkundigen könnten. Hierüber bitte ich bald per Post Antwort. Meine Jagd hat diesen Winter nicht viel auf sich gehabt, mein Jagdgefährte war krank, und allein machts mir nicht viel Vergnügen. Ich habe bis jetzt nur 7 Hirsche bekommen, und durch schlechtes Pulver zwei schwer verwundete Böcke verloren, die, ehe sie meine Hunde ergreifen konnten in den Missouriefluß sprangen, und auf diese Art für mich verloren gingen. Daß mein Vetter Joseph seinen Jagdprozeß mit Herrn von Lüninck gewonnen hat, freut mich sehr, überhaupt wäre zu wünschen, daß diese bevorzugte Klasse von Menschen alle ihre räuberischen und ungerechten Vorrechte verlören, aber leider begünstigt sie die Regierung in ihrem Wahn, daß sie aus ganz anderem Stoff und mit Stiefeln und Sporen, der arme Mann dagegen mit dem Sattel auf dem Rücken geboren wäre. Bei uns kennt man dergleichen nicht, nur Tugend und Talent adelt hier den Mann, hier gilt der Grundsatz „Jeder Mensch ist mit gleichen Rechten geboren“.

Sie wollen meine ökonomische Einrichtung wissen, nun die kann ich Ihnen geschwind geben, indem selbe sehr einfach ist. Mein angekauftes Land enthält 145 Acres, dieses ist ursprünglich Hochwald, der Hauptbestand ist Eichen in 6 bis 7 Arten dann untermischt mit Nußbaum, Ulmen und Erlen. Die Bodenart ist ungefähr wie bei Soest, tauglich für jede Art Frucht. Bis jetzt habe ich ungefähr 40 Acker urbar gemacht, hierauf baue ich Mais, Weizen, Hafer und alle Arten Gemüse, das ganze liegt in einem Stück, hierauf habe ich mich angebaut, und mein Feld, welches in Abteilungen eingezäunt ist, liegt rings um mich herum. An Viehbestand habe ich 3 Pferde, 10 Stück Rind Vieh und einige Kälber, ungefähr 40 Stück Schweine, hiervon habe ich kürzlich 11 Stück geschlachtet, werde aber in kurzer Zeit einige 20 Junge in Zuwachs erhalten, 12 Schafe für unseren eigenen Bedarf, und einige hundert Stück Federvieh nebst meinen 3 Jagdhunden, Bracken im Englischen „Hounds“ – sprich Hauns – Wenn Sie hierzu die nöthigen Äcker und Haushalts Geräthe zuzählen, die ich alle ziemlich complet habe, so haben Sie meinen ganzen Reichthum, aber alles ist Schulden frei, eine nicht zu verachtende Sache, da 10 procent die üblichen Zinsen sind, von allem zahle ich 2 Dollar Steuern.

Aus unserer Gegend kenne ich wenig Bekannte. Metter aus Arnsberg war mein Reisegefährte und wohnt in St. Louis, desgleichen Degenhard, welcher lange Jahre Postsekretär ist und sehr gut ob ist. Die übrigen Leute von Geseke, Warstein sind alle gut eingerichtete Bauern -farmer- . Da mir jetzt nicht viel Raum mehr übrig bleibt, so muß ich wohl für diesmal schließen, bringe Ihnen aber noch einmal meinen Wunsch ins Gedächtnis, daß Sie sich statt der Gelegenheit mir zu schreiben, der Post bedienen. Ihre Briefe sind mir nie zu theuer, wie schon gesagt, das Porto ist billig, wenn Sie den Brief machen wollen wie diesen.

Jetzt empfehle ich Ihnen den Schutz Gottes und besonders der Heiligen Apollonia und des Heiligen Blasius, damit Sie kein Zahn und Halsweh bekommen. Meine herzlichen Grüße an die lieben Ihrigen so wie an meine lieben Verwandten und Freunde.

von Ihrem aufrichtigen Freund
F. C. Hillenkamp

Diesen Sommer habe ich ein Töchterchen verloren, und ein anderes bekommen, Herr dein Wille geschehe.

Wie ich aus den hiesigen Zeitungen erfahre, ist bei Ihnen alles sehr theuer und rar. Hier Überfluss in allem und die Produkte billig.